Wenn Sie schon immer mal wissen wollten was ein „Repair-Café“ ist, dann sollten Sie unbedingt die Geschichte vom kleinen Finn und seinem Großvater kennen.
Sie ist noch gar nicht so alt und äußerst anrührend. Und sie steht für viele andere kleine aber in Wirklichkeit ganz große Rettungsgeschichten, die Menschen im „Repair-Café“ mit ihren Aktivitäten erzählen und uns erleben lassen!
Der Opa des kleinen Finn liebt seinen Enkel von ganzem Herzen. Und ebenso liebt er es, mit seinem Enkel zu spielen. Er ist im Ruhestand und hat nicht nur Zeit, er nimmt sich auch Zeit für den Kleinen. Und was liebt das „Kind im Manne“ immer noch am meisten, ob jung oder älter? Genau! Eine Spielzeug-Eisenbahn!
Die holte Finns Opa nun vor kurzem vom Dachboden, jene alte, blecherne Brio-Eisenbahnlok samt Holz-Schienen und Waggons. Damit hatten schon seine Söhne gespielt, und der Vater – jetzt Opa – auch damals schon mittendrin! „Also auf Finn! Und aufgebaut!“ Dann konnte das Spielen endlich losgehen!
Doch o Schreck! Die kleine, süße und bewährte Lok – vor 30 Jahren geradezu ein Wunderwerk der Elektrotechnik in Miniaturform – war zwar schnell gefunden, aber der Antrieb streikte! Auch eine neue Batterie brachte die geliebte Kostbarkeit nicht wieder ans Laufen. Was also tun? Wie bloß mit der filigranen Technik auf kleinstem Raum umgehen und sich als Opa nicht blamieren? Finns Augen schauten sehnsüchtig zum ratlosen Opa hoch. Gab es noch Rettung für ihre Lok und ihr Spiel?
Doch mitten in dieser Not ein Lichtblitz! Hatte der Pastor am Sonntag im Gottesdienst nicht etwas von einem „Repair-Café“ erzählt? Jetzt sogar im Gemeindehaus gleich nebenan?
Hatte er nicht von ganz besonderen Menschen dort geschwärmt, die nicht gleich alles aufgeben und wegwerfen, was alt, kaputt und wertlos erscheint? Menschen, die die Dinge und ihre Besitzer offenbar so lieben, dass sie ohne eigenen Verdienst ihre handwerklichen Heilkünste ehrenamtlich anbieten, für jeden und alles Defekte, was man unter dem Arm dorthin tragen kann? Menschen, die Wert und Würde selbst noch in Todgesagtes hinein zu lieben vermögen und immer einen Versuch wagen, statt vorschnell aufzugeben und alles wegzuwerfen? Menschen, die noch den Unterscheid zwischen dem Preis einer Sache und ihrem Wert kennen? Und die darum wissen, dass Menschen zu Dingen, mit denen man eine Geschichte hat, und sei sie noch so klein wie eine Spielzeuglok, eine Bindung, ja, eine Liebesbeziehung haben können! „Vielleicht“, dachte Finns Opa, „war ja auch für ihre kleine Lok und Liebe noch Hoffnung!“
Und außerdem war da ja auch noch die Möglichkeit, während der Reparatur mit dem Enkel zuschauen zu können und dabei sogar Kaffee und Kuchen zu bekommen, alles, wie auch die Reparatur, ganz umsonst! Jeder darf aber gerne spenden, was ihm Verpflegung und Reparatur wert sind.
Und dann auch noch klönen können, neue interessante Leute treffen, z.B. den Mann mit dem kalten, verklemmten aber heißgeliebten alten Toaster oder die Frau mit dem verstummten Radio ihrer verstorbenen Eltern. Welche Geschichten tun sich da auf und wollen alle erzählt und gehört werden! „Also bloß schnell hin, Finn! Lok in die Tasche und du an die Hand! Denn heute ist der 2. Samstag im Monat, sie haben auf!“ Wie immer von 11Uhr – 14.30 Uhr in der Grönen Stee! Auch im neuen Jahr!
So hat es das große Team vom Repair-Café gewollt und der Ortskirchenrat Gröne Stee hat alle mit offenen Armen aufgenommen. „Nachhaltig leben“, das ist unser Programm, als dankbarer Umgang mit der einen, wunderbaren Welt, die Gott uns und unseren Kindern geschenkt hat, gegen eine Kultur, die durch immer mehr Kaufen und schnelles Wegwerfen nicht nur Finns Zukunft belastet.
Darum: „Herzlich Willkommen“ liebes Repair-Cafè“! Wir sind gerne Euer neues Zuhause!
Und was soll ich Ihnen sagen, liebe Gemeinde? Finn und sein Opa trafen dort tatsächlich auf einem Mann, der sich der kleinen Lok und der großen Menschensorgen sofort annahm, wie alle anderen im Team auch! Mit einer Lupe, einem Mini-Schraubenzieher, den Finn sogar auch mal halten und drehen durfte, und mit ruhigen Händen öffnete er wie ein Chirurg vorsichtig den Bauch der kleinen kranken Lok und entdeckte bald das Problem: Das kleinste Zahnrad an der noch kleineren Motorwelle, kleiner als ein Milchzahn, war gespalten und konnte darum die Achse mit den großen Rädern nicht mehr antreiben. Und natürlich gab es kein Ersatzteil mehr!
Aber auch das schreckt und hemmt die Retter im Repair- Café noch lange nicht. Da geht ihre Liebe sogar erst richtig los! Ein Draht so dünn wie ein Haar wurde vorsichtig um das kleine Zahnrad gewickelt, stramm verknotet und mit einem Tropfen Sekundenkleber verstärkt. So konnten Motor und Lok wieder heilen, und damit auch zwei traurige Männerherzen. Ja eigentlich sogar die ganze Welt! Denn wer in Kaputtes, in Altes und scheinbar Wertloses dennoch etwas Wertvolles und Erhaltenswertes hineinsieht, wer scheinbar hoffnungslose Fälle noch lange nicht aufgibt, ja wer Todgesagte zu neuem Leben verhilft und die Welt dabei noch vom Müll und Wegwerfgeist befreit, der ist bewußt oder unbewußt ein lebendiges Gleichnis unseres Gottes, der uns im letzten Buch der Bibel verheißt: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb 21,5)
Erfüllt mit dieser vielfachen Freude sind Finn und sein Großvater an diesem Tag nach Hause gegangen um endlich mit ihrer Eisenbahn spielen zu können und die Liebesgeschichte der Lok und ihrer wunderbaren und liebevollen Rettung im Repair-Café in die nächste Generation hinein zu weben. An diesem Samstag wurden weitere 55 Menschen von den Rettern versorgt. Weit über die Hälfte aller Geräte und Sorgen konnten geheilt werden! Das Repair-Team freut sich schon auf die nächsten Termine und Besucher, denn Retten rettet auch die eigene Seele! Es gibt ja kaum ein größeres Glück als andere Beglücken zu dürfen! Kleines Rädchen – Große Wirkung! Bert Gedenk
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